Auf Einladung des Albert-Schweitzer-Gymnasiums und im Rahmen der Bildungspartnerschaft zwischen dem ASG und der Stadtbücherei Laichingen war der Autor und Geschichtslehrer Frank Schwieger zu Gast in Laichingen. Vor Schüler*innen der elften Jahrgangsstufe las er in der Stadtbücherei aus seinem Buch „Kinder unterm Hakenkreuz – Wie wir den Nationalsozialismus erlebten“ und gab tiefe Einblicke in die Lebensrealität von Kindern zur Zeit des Dritten Reiches.
„Kinder haben viele Fragen zu dieser Zeit. Doch eine tiefergehende Beschäftigung mit dem Thema erfolgt in der Schule erst in den höheren Jahrgangsstufen. Auch gibt es kaum Bücher, die sich speziell an sie richten“, erklärt Frank Schwieger. Der Autor ist bekannt für seine unterhaltsamen und informativen Werke über Götter, Helden und Sagen. Mit seinem neuesten Buch widmet er sich jedoch einem ernsten historischen Thema: Wie erlebten Kinder das Grauen der Zeit während des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs? Grundlage seiner Geschichten sind wahre Begebenheiten, die er durch umfassende Recherchen in Biografien und Autobiografien zusammengetragen hat.
Besonders wichtig war ihm, die NS-Zeit für die jungem Leser greifbar zu machen. „Unsere Kinder empfinden diese Epoche oft so fern wie die Zeit der Römer oder Wikinger. Dennoch bleibt das Interesse an den Geschehnissen ungebrochen groß“, betont Schwieger. Ziel seines Buches sei es, ein Bewusstsein für die Schrecken dieser Zeit zu schaffen, damit sich Geschichte nicht wiederholt. In seinem Buch stellen sich zehn Kinder vor, die das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg ganz unterschiedlich erlebt haben. „Flankiert werden diese Geschichten von Illustrationen, Fotos und Sachtexten, die die historischen Hintergründe auf behutsame Art und Weise erklären“, erläutert Schwieger.
Er zeigt konkret, wie Kinder damals mit Verfolgung und Ausgrenzung, mit Krieg und Flucht, aber auch mit Propaganda innerhalb der Familie umgingen. Ihm sei es wichtig gewesen, die Perspektive der Kinder einzunehmen, um jungen Lesern einen leichteren Zugang zu diesem schwierigen Kapitel der Geschichte zu ermöglichen.
Eine der Geschichten, die Frank Schwieger in der Stadtbücherei vorstellte, ist die von Erna Opitz, einem elfjährigen Mädchen aus Norddeutschland. Sie erzählt von ihrem mutigen Versuch, während des Boykotts gegen jüdische Geschäfte im Frühjahr 1933 der Ladenbesitzerin Else Blumann beizustehen. Else, die von den Kindern liebevoll „Blümchen“ genannt wurde, musste ihr Schuhgeschäft schließen und wurde später deportiert. Erna stellte sich den SA-Männern entgegen und wollte trotz des Verbots Schuhe bei Blümchen kaufen. Ihre Geschichte verdeutlicht eindrücklich, wie auch Kinder die Veränderungen jener Zeit erlebten und mit Zivilcourage reagierten.
Die Lesung fand bei den Jugendlichen großen Anklang. Die Schüler*innen stellten zahlreiche Fragen, unter anderem zur Recherche und zur Verarbeitung der Thematik als Autor. „Ich habe unglaublich viel gelesen und recherchiert, um den Geschichten eine authentische Grundlage zu geben“, so Schwieger. Etwa 90 Prozent der Informationen habe er aus Büchern und historischen Dokumenten zusammengetragen. Die Auseinandersetzung mit den Schicksalen sei emotional herausfordernd, aber für ihn als Geschichtslehrer von enormer Bedeutung.
Durch seine eindrucksvolle Lesung wurde nicht nur historisches Wissen vermittelt. Vielmehr regte Schwieger zum Nachdenken an und sensibilisierte die Jugendlichen für die Verantwortung, aus der Geschichte zu lernen. Eine eindrucksvolle Veranstaltung, die zeigte, wie wichtig es ist, sich auch heute noch intensiv mit dieser Zeit auseinanderzusetzen.
Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Albert-Schweitzer-Jahres am ASG unter dem Motto „Ehrfurcht vor dem Leben“ organisiert, so Schulleiter Torben Stolze. Die Stadtbücherei Laichingen hält das Buch für alle Interessierten zur Ausleihe bereit. „Dieser Titel ist eine wertvolle Ergänzung unseres Bestandes“, so Marion König von der Stadtbücherei.
Verfasst von Marion König



